Montag, 10. November 2014

2 Monate

Heute vor genau 2 Monaten sind wir in Bolivien angekommen, voller Erwartungen und Vorstellungen. Inzwischen hat glaube ich jeder gemerkt, dass diese Bilder, die man sich im Kopf vorgefertigt hat, auch wenn man es gar nicht wollte, total daneben waren. Ich glaube, ich hatte auch eine andere Vorstellung von einer Kindertagesstätte, und war deswegen am Anfang ziemlich geschockt und habe mich nicht richtig wohl gefühlt. Jetzt weiß ich aber wie es hier eben abläuft, und ich versuche, mit den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen, das Beste zu erreichen. Warum sollte man z.B. ein Momory kaufen, wenn man es genauso gut selbst basteln kann? Nachdem das Memory, das ich aus Deutschland mitgebracht hatte, an meinem 2. Arbeitstag von irgendeinem Kind mit nach Hause genommen wurde, und nie wieder auftauchte, habe ich vor ein paar Wochen eins gebastelt. Schwierig ist nur, dass immer alle 15 Kinder mitspielen wollen, aber das nunmal eher nicht so klappen würde. Ich teile die Kindern dann in 5er-Gruppen auf, und spiele dann nacheinander mit jeder Gruppe. Das ist zumindest die Intention, aber meistens können es die anderen nicht erwarten, bis sie dran sind, und dann stehen plötzlich keine 5, sondern 10 Kinder um die Karten herum. Aber wenn ich dann immer sage, wer dran ist, klappt das auch ganz gut. :)
Im Moment bereite ich mich darauf vor, mit der ältesten Gruppe die Uhr zu lernen. Ich bastle aus Pappe eine verstellbare Uhr, mache Plakate, usw. Vielleicht kann ich dann nächste Woche damit anfangen, ihnen "la hora" mit diesen Materialien beizubringen.
Alles in allem glaube ich, dass sich, je länger ich in der Guardería bin, bei mir immer mehr Ideen entwickeln können, und sich mit Geduld und Wille auch umsetzen lassen.


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Der Grund, warum ich mich gerade jetzt malwieder dazu aufgerafft habe, einen Blogeintrag zu schreiben, war ein Artikel in der "Welt", der mich so berührt hat, dass bei mir nach dem Lesen Tränen geflossen sind. Ich verlinke den Text, und würde mir wünschen, dass sich möglichst viele die Zeit nehmen, den Artikel durchzulesen. "Mama sagt, dass wir fasten müssen" berichtet von Kindern in Not, die auf der Straße arbeiten, damit ihre Familien überleben können.
Ich weiß nicht, ob mich dieser Artikel auch so berührt hätte, wenn ich ihn gelesen hätte, bevor ich hierher gekommen bin. Man denkt vielleicht, dass solche Dinge zwar vorkommen, aber bestimmt die Ausnahme sind und nur eine große Sache daraus gemacht wird. Aber nach 2 Monaten, die ich nun hier lebe, kann ich glaube ich sagen, dass das wirklich Realität ist. Jeden Tag laufe ich nach der Arbeit an einem Jungen vorbei, der am Straßenrand Süßigkeiten, Getränke und Handyguthabenkarten verkauft. Sitzt man abends auf der Plaza, läuft ein kleines Mädchen mit einem Korb voll mit Chips, Erdnüssen und anderen Knabbersachen auf einen zu. Im Zentrum kauft man sich auf der Straße einen frisch gepressten Orangensaft für 70 Cent bei einem Jungen, der vielleicht 13 Jahre alt ist und dort den ganzen Tag in der Hitze schuftet. Ich glaube, in Deutschland hätte kaum ein Kind in diesem Alter dieses Durchhaltevermögen.
Das sind nur einige Beispiele, wie die Kinder hier ihr Geld für ihre Familien verdienen. Hier gibt es nicht so viele Schuhputzer wie in La Paz, da bei den Temperaturen hier die meisten Leute in Sandalen oder Flipflops herumlaufen, aber es gibt viele andere Möglichkeiten, ein paar Pesos am Tag zu verdienen.
Vielleicht berührt mich der Artikel auch so, weil ich inzwischen mehr über die Kinder und ihre Herkunft weiß. Sie sind mir schon so ans Herz gewachsen, dass ich Angst hab, sie müssen auch mal so schuften, und können nicht zur Schule gehen. Es gibt einige Kinder, die ohne Vater oder Mutter leben und wo man sich denken kann, dass da wohl kaum Geld in die Familienkasse fließt. Dabei sind die Gründe verschieden: Es gibt Väter, die wegen Raub im Gefängnis sitzen, Kinder, die ihren Papa nie gesehen haben oder eben leider auch der Fall, dass ein Elternteil schon verstorben ist. Erst kürzlich starb die 26jährige Mutter eines Jungen. Ich bin jedes mal so froh, wenn ich ihn lachend durch den Gang rennen seh, auch wenn die anderen Tías das nicht gerne sehen und die Kinder dann immer Ärger kriegen.

Ich fände es auf jeden Fall sehr interessant, ein paar Rückmeldungen und Gedanken als Kommentar unter dem Blogeintrag zu lesen.


Ausflüge

Comarapa

Vor 3 Wochen fand unser erster Arbeitseinsatz im 6 Stunden (mit dem Bus) von Santa Cruz entfernten Comarapa statt. Dort arbeiten 3 Freiwillige, die sich als Projekt ein Altenheim, ein Internat oder eine Kindertagesstätte ausgesucht haben.
Abends um halb 9 ging die Busreise in das kleine Städtchen, das aber sehr schön ist, los. Um halb 3 kamen wir dann an, und waren alle erstaunt, wie kalt es doch nachts werden kann. Hier ist Santa Cru
z schwitzt man sogar noch nachts... Hätten wir mal lieber eine lange Hose und einen dicken Pulli angehabt...
Am Samstag war dann der Arbeitseinsatz. Wir teilten uns in 2 Gruppen auf: die eine ging ins Altersheim, um die Alten beim Essen zu unterstützen und mit ihnen zu plaudern, und die andere Gruppe kümmerte sich um das Mittagessen.
Nachmittags genossen wir dann die Natur, die man hier in der größten Stadt Bolivien leider nicht allzu oft sieht. Ich hänge ein paar Bilder mit dran, die Landschaft ist dort echt wunderschön! 







Lomas de Arena

Schon eine Woche später, am Sonntag, machten sich einige Freiwilige und ich morgens um 10 (was ursprünglich mal 8 war), auf, um einen Tagesausflug zu den im Süden der Stadt gelegenen Sanddünen "Lomas de Arena" zu machen. Mit dem Micro fuhren wir bis zur Endstation einer Linie, die bis an den südlichen Stadtrand fährt. Von da aus sollten es noch 7km Fußmarsch bis zu den Dünen sein, wurde uns gesagt. Ich dachte, 7km müssen eigentlich locker zu schaffen sein, aber das war früh morgens, als es noch keine 35 Grad hatte und die Sonne noch nicht wie verrückt auf einen runterbrannte. Schon nach dem ersten Kilometer merkten wir, dass es ein sehr sehr kräftezehrender Akt werden würde, bis wir am Ziel ankommen würden. Welch ein Glück, dass bald darauf ein Pickup an uns vorbeifuhr, der 4 (unter anderem mich) von uns mitnahm. Wir blieben zwar ungefähr 10 mal im Sand stecken und mussten dann anschieben, aber das nahmen wir gerne in Kauf. Der Rest der Gruppe holte uns dann irgendwann ein (sie wurden später auch von einem Pickup mitgenommen), als wir malwieder feststeckten, und als wir schließlich bei den Sanddünen waren, war erst unsicher, ob wir überhaupt wieder zusammenfinden würden, weil es eher wenige Markante Dinge gibt, wenn weit und breit nur Sand ist... Haben es dann aber Gott sei Dank doch geschafft.. "Wir sind bei der einen großen Düne"...
So anstrengend dieser Ausflug auch war, er hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ein toller Ausblick in die Ferne, Fotospaß und exotische Tiere (ich habe einen Leguan gesehen) wurden uns geboten.






Samaipata

Vorletztes Wochenende hatten wir langes Wochenende, weil "Día de los Muertos" (Allerheiligen) war. Hier in Bolivien gibt es die coole Regel, dass, wenn der Feiertag aufs Wochenende fällt, der Montag darauf frei ist. Das nutzten wir natürlich für einen Wochenendausflug aus, und fuhren nach Samaipata (ca. 3 Stunden entfernt). Dort besuchten wir die PräInka-Ruinen "El Fuerte" und wollten eigentlich noch zu Wasserfällen, was aber aufgrund von Regen verschoben werden musste. Samaipata ist ein kleines touristisches Städtchen, von dem aus man viele Ausflüge unternehmen kann. Außerdem ist der Ort an sich sehr schön, es gibt viele Hippies, die an der Plaza ihre Sachen verkaufen, und auch landschaftlich ist er einfach traumhaft. Ich denke, ich werde dort auf jeden Fall noch mehrer Male hingehen, weil es so nah an der Stadt hier ist und man dort richtig seine Ruhe haben kann.






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